Predigt zu Weihnachten 2022 von Pastor Bernd Passarge
Weihnachten hat ganz viel mit unseren Kindheitserinnerungen zu tun. In der Kindheit prägen sich Bilder von Weihnachten aber auch vom Leben, die durch das ganze Leben tragen. Gut ist es natürlich, wenn es sich um schöne Bilder und gute Erinnerungen handelt. Manchmal ist es der geschmückte Weihnachtsbaum und das von Kerzen gemütlich beleuchtete Wohnzimmer, das einen beim Öffnen der Tür zur Bescherung in einen zauberhaften Raum leitete. Es war so, als betrete man das Paradies. Manchmal sind es die Geschenke, die einem in Erinnerung bleiben – vielleicht nicht die einzelnen Geschenke, sondern vielmehr die Tatsache, dass bei allem Leistungsdruck in der Schule zu Weihnachten es einfach was geschenkt gab, eine Wertschätzung ohne dafür eine Vorleistung erbracht zu haben. Manchmal erinnert man sich noch daran, dass zu Weihnachten auch die Eltern mal lieb waren, Konflikte einfach mal zurückgestellt wurden und man sicher sein konnte, an Weihnachten nicht angemeckert zu werden. Ja, Weihnachten müsste man erfinden, wenn es das nicht gäbe.
Aber das Besondere an Weihnachten ist, dass wir es – komme was da wolle – in jedem Jahr feiern. Und da ist es ganz egal, wie kirchlich oder unkirchlich die Menschen eingestellt sind. Alle feiern es, auf irgendeine Weise. Es ist das letzte gemeinsame Fest einer freien Gesellschaft ohne Zwang. Keiner muss Weihnachten feiern. Aber zu Weihnachten möchte kaum einer gänzlich alleine sein. Viele besuchen sich über die Tage in den Familien. Man möchte es einmal im Jahr wirklich schön haben. Wir bemühen uns, Weihnachten als den schönsten Tag des Jahres zu gestalten. Wir wollen das Paradies erspüren mit guter Gemeinschaft, leckerem Essen und guter Atmosphäre. Und wir sollten nie damit aufhören, diese Anstrengung zu unternehmen, allein schon um unseren Kindern diese guten und das Leben begleitenden Erinnerungen zu ermöglichen.
Manchmal geben wir bei den Weihnachtsvorbereitungen so richtig Gas und überbieten uns mit Ansprüchen und Geschenken. Und genau in dieser übertriebenen Anstrengung liegt die Gefahr dieses Festes. Man kann es missverstehen, als ginge es darum, das Paradies zu machen. Denn zu Weihnachten geht es ja nicht um Materielles an sich. Es geht vielmehr um unsere Einstellung zum Leben. Wenn man sich zu Weihnachten mit der Weihnachtsgeschichte aus der Bibel beschäftigt, wird man feststellen, dass der Geburtstag Jesu alles andere als paradiesisch war. Die Mächtigen belasteten die Welt mit ihrem Zynismus, die Geburt eines Kindes unterwegs, quasi auf der Straße, und kaum war das Kind geboren, war es aus Todesangst mit seinen Eltern schon wieder auf der Flucht. Das war nicht sehr gemütlich.
Und die Botschaft des Engels war: Habt keine Angst. Es ist ein hoffnungsloses Unterfangen, wenn ihr versucht, euch auf den Weg zu Gott zu machen. Ihr werdet nur Menschen finden, die sich wie Gott aufspielen. Und ihr werdet Gott nicht da finden, wo ihr ihn sucht. Denn das Weihnachtswunder ist, dass Gott selbst zu euch kommt. Nicht ihr müsst Gott werden, sondern Gott wird Mensch. Gott kommt zu dir, obwohl bei dir nicht alles perfekt ist. Darüber kann man zu Weihnachten still, demütig und vor allem dankbar werden. Und dann werden unsere Weihnachtserinnerungen zu Bildern Gottes. Gott wird dann das verzaubernde Licht der Kerzen. Gott wird dann die Gnade, die einen ohne Vorleistung beschenkt. Gott wird dann der Frieden an den Tagen, wo die Konflikte einfach mal beiseitegeschoben werden, für einen Augenblick, wo wir das Reich Gottes einmal im Jahr erspüren und genießen dürfen. Das ist es, was uns die Engel über Gott verraten.