Wo ist die Hoffnung?
Die eine Krise ist noch nicht vorbei, da fällt die andere schon ins Haus. Was ist nur los, mit dieser Welt? Mir wird manchmal angst und bange. Ich vergleiche die Kindheit meiner Konfirmanden mit meiner eigenen Kindheit. Wie läppisch erscheinen mir unsere damaligen Probleme, wenn man heute nur noch Pandemie, Krieg und Klimakatastrophe vor Augen hat. Wir können nicht mehr garantieren, dass es unsere Kinder einmal besser haben als wir. Haben wir Erwachsenen wirklich noch die Hoffnung, dass es für unsere Kinder eine gute Zukunft geben wird?
Ich lege die Hand auf mein Herz. Ich will ehrlich sein. Meine Erwartungen sind nicht so positiv, wie sie früher einmal waren. Wohin wird der Krieg uns führen? Wann erschlägt uns die Natur? Ich weiß es nicht. Ich blicke wirklich sorgenvoll in die Zukunft. Aber ich als Pastor sollte es doch eigentlich besser wissen. Oder sind meine Worte in der Kirche doch nur gedroschen fromme Phrasen? Nein, bestimmt nicht. Wir müssen in diesen Zeiten nur etwas auf unsere Worte achten und die Begriffe unterscheiden.
Denn Erwartung und Hoffnung sind nicht dasselbe. Unsere Erwartungen orientieren sich an der Realität. So sind meine Erwartungen an ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine nicht so positiv, wie ich es mir gerade wünsche. Trotzdem wäre es schlimm, wenn ich wegen einer schlechten Prognose meine Hoffnung verlieren würde. Denn Hoffnung ist mehr als nur Erwartung. Hoffnung ist nämlich der Blick auf etwas Unerwartetes.
Paulus hat es in der Bibel einmal so gesagt: Hoffnung, die man sieht, ist keine Hoffnung. Also, eine Hoffnung, die man erwarten kann, ist demnach keine Hoffnung. Hoffnung, so könnte man sagen, ist dann die Erwartung des Unerwarteten. Und so kann man sogar als Pessimist Hoffnung haben.
Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Und das glaube ich auch im Angesicht all der Katastrophen, die auf uns einbrechen. Das Kreuz in unseren Kirchen erinnert uns immer wieder an das Leid als Teil unseres Lebens. Es fordert unser Mitgefühl für alle, denen gerade so unfassbares Leid geschieht, den flüchtenden Frauen mit ihren Kindern, den Getöteten in ihren zerbombten Häuserblocks und den zum Kanonenfutter entwürdigten getöteten Soldaten. Gott leidet und fühlt mit den Opfern. Das ist am Ende die letzte Hoffnung, auch wenn es nach Jesu Kreuz und Auferstehung keine Opfer mehr geben sollte. Aber dem ist leider nicht so. Und deshalb ist so wichtig, dass alle Menschen, die Gott jetzt an ihrer Seite sehen, immer wieder Zeichen der Hoffnung setzen, indem wir helfen, wo es uns möglich ist, jeder nach seinen Fähigkeiten. Und dann ergeben sich vielleicht Ereignisse und Situationen, die wir nicht erwarten konnten, die aber Zeichen der Hoffnung wurden.
Die Erwartung des Unerwarteten ist das, was wir Hoffnung nennen. Und wenn das Unerwartete eintritt, feiern wir die Auferstehung. Ostern ist halt mehr als nur „wird schon wieder werden“. Die Hoffnung liegt in uns.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe und gesegnete Ostern